Donnerstag, 20. Dezember 2007

036) Papierschöpfen - erlebtes Recycling

Auf das geschöpfte Papier wurde durch Keksformen lila Papierwasser gegossen
Bilder: Gundula Kerekes, Handgeschöpftes Papier

Hallo Naturfreunde,

in riesen Schritten nähern wir uns dem Geschenketag des Jahres – für die einen zur Freude für die anderen zum Schrecken. Wie auch immer häuft sich bei vielen in dieser Zeit vermehrt Papier an. Und wer Kinder hat, hat auch schnell die verschiedensten Bastelpapierreste. Was tun mit diesen größeren und kleineren Schnipseln und Stücken? Eine schöne Möglichkeit ist da das Basteln schöner Grußkarten aus selber geschöpftem Papier. Aber was heißt eigentlich „schöpfen“? Und wofür denn nun wieder die Arbeit?

Den Begriff „schöpfen“ kennt Ihr vielleicht von der Suppe - mit der Kelle „schöpfen“ wir sie uns auf den Teller. Und das Papier schöpfen wir mit einem speziellen Rahmen aus einem Wasser-Faser-Gemisch. Ihr habt richtig gelesen. Papier besteht aus lauter kleinen „Fasern“, man könnte auch Fuseln sagen. Wenigstens beim ersten Papier in Europa paßte das besser – denn früher wurde Papier aus Lumpen hergestellt. Für die Lumpensammler war das ein einträgliches Geschäft. Als dann die ersten Bücher gedruckt wurden, war Papier eine Mangelware – es gab zu wenig Lumpen zur Herstellung dieses Papieres. Da war es sogar unter hoher Strafe verboten, bei Bestattungen Kleidung mit in das Grab zu geben. Jeder Stofffetzen wurde zur Papierherstellung verwendet. Gut, daß 1843 Holz als Rohstoff der Papierherstellung entdeckt wurde – allerdings weniger gut für die Wälder. Denn diese werden weltweit, zum Teil schonungslos, gerodet und gefällt, um den Hunger der vielen großen und kleinen Papierfabriken zu stillen. Da ist Toilettenpapier aus nicht Recyclingpapier eigentlich viel zu wertvoll für die Toilette...

TIPP: Schaut Euch verschiedene Papiere einmal unter der Lupe an, auch an einer eingerissenen Stelle – Ihr könnt sehr schön klitzekleine Holzfasern sehen. Bei Malbüchern mit dickem beigem Papier zum Beispiel besonders gut. Je glatter das Papier ist, umso schlechter finden wir Fasern. Denn umso feiner werden sie zerrissen. Zusätzlich wird das Papier dann noch mit „Füllstoffen“ bestrichen und vermischt. Das ist zum Beispiel Stärke, die sich ein den Lücken zwischen den Holzfasern einlagert. Verwendet wird auch Porzellanerde (Aluminiumsilikat). Diese Pigmente werden ganz fein gemahlen mit speziellen Bindemitteln gemischt und auf die Papierbahnen aufgebracht. Das gibt eine glatte und vor allem sehr weiße Oberfläche. Neben der Porzellanerde wird auch noch Calciumcarbonat (Kreide, Kalkstein, Marmor) und Talkum (Magnesiumsilikat) zum Weissmachen genutzt. Also kein Wunder, daß ein dicker Katalog so schwer ist... Und kein Wunder, daß Recyclingpapier immer ein wenig grau bleibt. Denn all diese Stoffe und dazu die Druckfarben können nicht wieder ganz aus dem Papier entfernt werden.

TIPP: Nehmt auch einmal Recyclingpapier (z.B. Toilettenpapier) unter die Lupe – da könnt Ihr bunte Papierfasern und manchmal sogar Metallfetzen erkennen. Es ist übrigens ganz schön aufwendig, Papier so weit zu reinigen, daß wieder weißes Papier daraus wird. Etwas neue Holzfasern müssen dabei immer untergemischt werden, da die alten Fasern beim Recyclen immer kürzer werden. Dadurch halten sie dann schlechter zusammen. Für unsere Bastelzwecke reicht aber der Altpapierbrei, den Ihr herstellen werdet.

TIPP: Die Anleitung zum Papierschöpfen findet ihr unten auf dieser Seite. Eins verrate ich Euch vorher noch. Euer Papier wird besonders „dufte“ wenn Ihr Tannen- oder Fichtennadeln mit verarbeitet oder ein wenig Duftöl in den Papierbrei gebt. Auch abgeriebene Orangenschale duftet gut. Sie kann z. B. nach dem Schöpfen, vor dem Pressen aufgestreut werden. Und ansonsten sind Eurer Phantasie kaum Grenzen gesetzt – probiert einfach aus, was klappt und was nicht. Im Sommer verwende ich auch gerne einige Kräuter und Blütenblätter...

Spätestens wenn Ihr Euer erstes eigenes Papier in der Hand habt, wißt Ihr auch wofür die Arbeit war – es ist einfach einmalig! Und vor allem wißt Ihr jetzt, wie Papier hergestellt wird!

Also, viel Spaß dabei und viele schöne Ideen wünscht Euch Eure Kräuterhexe Ludmilla.


PAPIERSCHÖPFEN – ANLEITUNG


Und jetzt dürft ihr selber recyclen – denn nichts anderes ist unser Papierschöfen.

Als erstes die Materialliste:

Ihr braucht zum Papierschöpfen


- einen Schöpfrahmen (die Bastelanleitung findet Ihr unten)
- Papier als Rohstoff (z. B. die gesammelten Reste Eures Bastelpapieres)
- Papier zum Trocknen nach dem Schöpfen (alte Zeitungen)
- einen kleinen Eimer oder eine Schüssel zum Einweichen der Papierschnipsel
- eine 5 Liter Schüssel oder einen 10 Liter Eimer zum Schöpfen
- Pürrierstab oder ähnliches zum Zerkleinern des Papieres
- Lappen zum Trockentupfen des frischgeschöpften Papieres
- glattes Tuch zum Pressen des trockengetupften Papieres (doppelt so groß wie das geschöpfte Papier)
- ein flaches Brett zum Pressen des geschöpften Papieres (z. B. Küchenbrettchen)

Ihr braucht zum Basteln des Schöpfrahmens
- einen Plastikbecher (z.B. 500 g Joghurtbecher) zum Zerschneiden (keinen stabilen Trinkbecher)
- ein Stück Fliegennetz, daß ca. 10 cm größer ist, als die Becheröffnung
- einen Gummiring, der über/ um den Becher paßt
- Klebeband
- ein scharfes Messer, eine kleine Schere

Den Schöpfrahmen könnt ihr folgendermaßen bauen:


Markiert Euch ca. 5 cm unterhalb der Becheröffnung einen Ring rund um den Becher. Anschließend wird der Becher hier mit Messer und Schere möglichst gerade abgeschnitten (das macht am Besten ein Erwachsener). So bekommt Ihr aus dem oberen Teil einen Ring mit einem breiten Rand (bei einem Joghurtbecher). Jetzt markiert noch einen ca. 3 cm breiten Ring und laßt ihn abschneiden.

Über die Oberkante des 5 cm Ringes legt Ihr nun das Fliegennetz und macht es mit dem Gummiband am Ring fest. Schiebt das Gummiband unter den oberen Becherrand. Zieht das Netzt gleichmäßig unter dem Gummiband fest, damit Ihr oben eine möglichst straffe Oberfläche habt. Klebt das Netz anschließend mit dem Klebeband am Becher fest. Dazu wickelt das Band einige Male um Becher und Netz. Fertig ist der Schöpfrahmen. Den zweiten Ring braucht Ihr zum Auflegen beim Schöpfen.

Später könnt ihr auch einen stabileren und größeren Schöpfrahmen aus Holz bauen. Es eignen sich zum Beispiel auch in passende Ringe geschnittene Plastikwasserrohre.

Zum Schöpfen haltet Ihr später den großen Ring mit dem Netz nach oben und legt den kleinen Ring darauf. Die Rahmen müssen möglichst dicht aufeinander liegen, damit das Wasser nach unten durch das Netzt abläuft und nicht zu den Seiten .


Und so schöpft ihr mit dem Rahmen Euer eigenes Papier:


Sucht Euch Papierreste von einer Farbe aus Eurer Sammlung, also nur Rote oder Blaue oder Grüne oder... Denn wenn Ihr verschiedene Farben mischt, wird der Faserbrei wie im Malkasten entsprechend bunt, braun oder grau. Oder, bei gelb mit blau zum Beispiel grün. Damit könnt ihr später experimentieren. Ihr könnt auch etwas Goldpapier hinzunehmen. Jetzt reißt das Papier so klein wie Euren großen Daumennagel. Ihr braucht für den Anfang etwa einen halben bis einen Liter klein gerissenes Papier. Weicht es für ca. eine Stunde in Wasser ein.

Jetzt laßt die Schnipsel von einem Erwachsenen zu einem feinen Brei zermixen/ pürrieren. Wenn Ihr dabei Fichtennadeln mitmixt, duftet das Papier später weihnachtlich.

Nehmt dann die 5 Liter Schüssel/ den 10 Liter Eimer und füllt sie voll Wasser. Jetzt kommt der Papierbrei hinzu, nehmt erst nur ca. die Hälfte. Je mehr Papierbrei im Wasser ist, desto dicker wird später das Papier. Probiert deshalb langsam aus, wieviel Ihr braucht.

Bereitet jetzt noch das glatte Tuch zum Pressen des Papieres zurecht. Legt es faltenfrei auf doppeltes Zeitungspapier.

Und jetzt die Ärmel aufgekrämpelt! Es wird Papier geschöpft!

Rührt das Wasser noch einmal um, damit die Papierfasern gleichmäßig verteilt rumschwimmen.

Nehmt dann die Rahmen wie oben beschrieben in die Hände. Der kleine Rahmen liegt oben, das Netz ist in der Mitte. Führt die Rahmen sicher zusammengehalten senkrecht in das Wasser bis auf den Boden. Legt sie waagerecht und hebt sie langsam waagerecht wieder hoch und aus dem Wasser raus. Das Wasser läuft durch das Netz ab. Wartet, bis es nicht mehr tropft – auf dem Netzt bleiben die Papierfasern als neues Papier liegen! Allerdings ist es eher noch einfach ein Matsch der da auf dem Netz liegt. Deshalb braucht Ihr jetzt den Lappen zum Trockentupfen. Nehmt den kleinen Rahmen oben ab. Haltet den Lappen jetzt von unten vorsichtig an das Netz und tupft so den Papierbrei trocken bis er nicht mehr so glänzt. Ihr könnt richtig sehen, wie das Wasser raus gesogen wird.

Jetzt könnt Ihr mit kleinen Papierschnipseln oder Naturmaterialien (z.B. Blüten oder kleine Laubblätter) noch vorsichtig ein Muster auf das Papier legen. Aber noch nicht beim ersten Mal – einmal üben ist doch besser.

Also aufgepaßt, jetzt wird es spannend, denn Ihr dreht Euren Schöpfrahmen jetzt auf den Kopf! Und da hängt das Papier nun nach unten. War es trocken genug getupft bleibt es problemlos kleben, war es noch zu naß oder ist es viel zu dick, kleckst es jetzt runter. Dann einfach den Brei wieder in das Wasser packen und noch einmal schöpfen. Legt das Sieb so verkehrt herum auf die eine Hälfte des Tuches. Fast geschafft, das geschöpfte Papier liegt schon mal auf dem Tuch. Jetzt mit dem gut ausgewrungenen Lappen von oben durch das Sieb das Papier wieder trocken tupfen – dabei dürft Ihr auch fester drücken, denn das Papier hat ja eine feste Unterlage. Wichtig!: die Ränder müssen gut getrocknet werden, damit sich das Papier besser vom Sieb löst.

Und nuuuuuun – das Sieb vorsichtig schräg nach oben abheben, Euer Papier soll dabei auf dem Stoff liegen bleiben! Löst es eventuell mit einem Fingernagel an einer Ecke ab. Zieht es dann vorsichtig vom Netz indem Ihr es mit den Fingern auf den Stoff drückt, wenn ihr den Rahmen schräg abhebt.

Und da liegt es – Euer erstes Blatt selber geschöpftes Papier! Allerdings ist es immer noch recht naß, das arme Ding. Deckt es mit der zweiten Hälfte des Tuches ab und legt darüber wieder 2 Lagen Zeitung. Legt jetzt das Brettchen drauf und preßt das Päckchen ca. 2 Minuten. Dazu könnt Ihr Euch einfach vorsichtig drauf setzen.

Nehmt anschließend das Tuch zwischen den Zeitungen raus, öffnet es vorsichtig und hängt es mit dem daran klebenden Papier zum Trocknen auf. Das Papier hängt dabei glatt herunter. Und nun heißt es warten... - bis das Papier trocken ist, also bis morgen. Denn das trockene Papier könnt Ihr vorsichtig vom Stoff abziehen.

Hallo! Da bist Du ja - erstes Stück Papier! Ich gratuliere Euch!

Und natürlich könnt Ihr an einem Tag mehrere Papiere schöpfen! Wenn das Schöpfwasser zu dünn wird, das Papier also zu dünn wird, füllt einfach etwas von dem gemixten Brei nach.

Und wenn Ihr schließlich aufräumt, schüttet das Papierwasser in die Toilette, damit kein Abfluß verstopft. Und den Rest von dem Papierbrei könnt Ihr durch ein Sieb gießen, gut auspressen und in den Händen zum Beispiel zu einem Ball pressen – einem Papierball, das hat auch nicht jeder und ist vielleicht ein schönes Geschenk. Trocknet ihn einfach auf der Heizung.

Freiraum für Phantasie:

In dieses Papier wurden Blütenblätter, Stroh und glänzende Folienreste eingearbeitet.

Auf das frisch geschöpfte Papier auf dem Rahmen wurde ein Buchenblatt zum Käfer umgestaltet und ein Pfennigstück mit nassem Tonpapier zu einer Blüte verwandelt. Danach ging es weiter mit dem Pressen

In diesem Papier sind schön kleingerissene Zeitungsreste zu sehen. Obenauf ein "Ahornbaum" und ein "Glückskäfer" aus einem Pfennig...

Und zum Schluß gibt es eine selbst gemachte Pappe aus allen Breiresten... Schön zu sehen die vielen Farben. Das Lila war mal Apfelkarton, die anderen Farben sind farblich sortierte Tonpapierreste.

Übrigens: Die Papiere sind zum Teil eckig, da die Rahmen aus Holzleisten zusammengesetzt wurden. Aber das ist aufwendiger als die runden Rahmen aus alten Bechern

Viel Spaß! Das gibt schöne Karten für die Sylvestergrüße :-)

Geschenkidee:
Karten oder Briefpapier aus selber handgeschöpftem Papier ist ein ganz besonderes Geschenk.
Und über ein Starterset zum Papierschöpfen freuen sich besonders Kinder und Kreative!

Kleine Linkliste zu dem Thema:

- Abfalltipp des Bergischen Abfallwirtschaftsverbandes
- Robin Wood zu dem Thema Papier
- Viele Artikel bietet auch Greenpeace zu dem weiten Thema Papier
- Blauer Engel: unter der Rubrik Produktsuche sind auch Recyclingpapierprodukte aufgelistet - und da gibt es manche Überraschung: Nicht alles ist im Alltag auch als solches Ausgezeichnet...

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hallo!
Danke, daß Du die Natur aktiv mitschützt!