Mittwoch, 2. Juli 2008

195) Sanfte nützliche Brennessel

Bilder: www.naturtipps.de
Jetzt stehen sie wieder riesengroß und manchen störend am Wegesrand...

"Auaaaaa - die hat mich gestochen...", Tränen in den Augen - das gibt es immer wieder. Bei den Kleinen reicht ein winziger falscher Brennesselkontakt schon für ein langes Weinen. Auch wir Erwachsenen spüren es manchmal den ganzen Tag.

Bild: Die Nadeln sind mit bloßem Auge erkennbar...

Dabei gibt es einen recht einfachen Trick gegen das Brennesseljucken:
gleich ein Löwenzahn-, Spitzwegerich-, Breitwegerich- oder Zitrinenmelisseblatt zerreiben und den Saft auf der brennenden Kontaktstelle auftragen. Oder einfach das zerriebene Blatt dort eine kurze Zeit drauf festhalten, daß der Saft einziehen kann. Dann kann wieder gelacht werden, denn recht bald ist das Jucken verrschwunden.

Dabei ist die Brennessel soooo sanft. Habt Ihr Euch schon einmal mit einem Brennesselblatt durch das Gesicht gestreichelt? Nein!? Das ist richtig schön weich, wenn es richtig geschieht.

Dafür fangen wir einmal von vorne an:
Warum brennt die Brennessel?
Damit sie nicht gefressen wird!
Und wie macht sie das?
Sie hat kleine, brüchige und hohle Nadeln auf der Blatt- und Stengelfläche. Diese Nadeln stehen schräg nach oben beziehungsweise am Blatt nach außen - denn der Freßfeind kommt für gewöhnlich von dort. In den Nadeln ist die uns - aua - bekannte Ameisensäure. Kommt man nun unvorsichtig an diese Nadeln, brechen sie ab und die Säure tritt aus. Mit ganz viel Pech dringen sie zuvor noch in die Haut ein, dann juckt es noch mehr.
Und warum dann "sanft"?
Pflücke ich nun vorsichtig ein Blatt vom Stengel, dabei zum Blatt hin ziehend, bricht nichts. Ich lege die Nadeln nieder. Streichel ich dann - vom Stengel zur Blattspitze - über das Blatt, erscheint es durch die niedergelegten Nadeln ganz weich. So kann ich es mir sogar vorsichtig über die Wange ziehen oder das Blatt durch die Finger gleiten lassen. Das beeindruckt nicht nur Kinder :-) Aber nicht andersherum streicheln, dann brechen die Nadeln und - auaaa... - der Löwenzahn wird gebraucht.

Und wird das Blatt dann geschickt zerknüllt und ein wenig zerquetscht, damit alle Nadeln am Blatt brechen und die Ameisensäure sich mit dem Pflanzensaft mischt - dann kann man es auch in aller Ruhe aufessen, das ist lecker und gesund. Die Zuschauer werden noch ungläubiger. Dann noch die Tricks genau zeigen und nachmachen lassen und die Brennessel ist plötzlich eine ganz sanfte... Und das hat sie auch verdient, so nützlich wie sie ist!

Nützlich?
Na klar! Nesselstoff zum Beispiel war früher tatsächlich aus den Fasern der Brennesselstengel - auch heute noch gibt es Produzenten von echtem Nesselstoff, z.B. auf nettleworld.com zu finden.

Wozu?
Das Material ist stabil und angenehm zu fühlen. Außerdem ist der Anbau der Brennessel sehr ökologisch - nichts da mit genveränderten Pflanzen, Pestiziden und so... sondern da gibt es eine vielfältige Tierwelt, die sich auf den Feldern wohlfühlt. Aber schaut selber nach auf der Seite von Nettleworld. Und wer Geld anlegen möchte, kann dort auch Aktien erwerben und damit den Anbau und die Verarbeitung der Brennessel fördern. Es lohnt sich also wirklich, einmal nachzulesen.

Selbst Seife gibt es dort zu bestellen...

Aber auch zuhaus könnt Ihr noch viele tolle Dinge mit der Brennessel machen:
- die Pflanze mit Wasser (und etwas Gesteinsmehl gegen den Geruch) angesetzt, ist als Brennesseljauche verdünnt ein toller Dünger und Pflanzenschutz
- die Samen sind sehr mineralstoffhaltig und gesund. das wußten schon früher die Pferdehändler und gaben "alten Mähren" ordentlich Brennessel ins Futter, bis das Fell wieder glänzte. Für uns ist es lecker, die gesammelten reifen Samen ein wenig zu rösten, dann schmecken sie wie Sesam. Aber man kann sie auch so mit ins Essen nehmen. Da gibt es sogar den Tipp, regelmäßig Samen gegen Haarausfall zu essen, ja sie sollen sogar als Aphrodisiakum wirken...

Bild: An schattigen Plätzen können das ganze Jahr über leckere junge Brennesseln geerntet werden.

- junge Blätter sind lecker gekocht als Spinat. Wer eine Fläche regelmäßig erntet, hat so das ganze Jahr gesundes für die Küche. Bei webkoch.de habe ich auf Anhieb 18 Rezepte dazu gefunden.
- die raupen vieler einheimischer Schmetterlingsarten sind auf ihr zuhaus - sie wissen zu fressen ohne sich zu verbrennen... siehe Wikipedia, Zitat:
" Schmetterlingsweide:
Für die Raupen von rund 50 Schmetterlingsarten sind die Brennnesseln eine Futterpflanze. Die Schmetterlingsarten Admiral, Tagpfauenauge, Kleiner Fuchs (auch als Nesselfalter bekannt), Silbergraue Nessel-Höckereule, Dunkelgraue Nessel-Höckereule, Brennnessel-Zünslereule (Hypena obesalis) und das Landkärtchen sind dafür sogar auf die Brennnessel angewiesen, andere Pflanzen kommen für diese Arten nicht in Betracht (Monophagie)"
- in der Heilkunde wirkt sie vor allem als Blutreinigungsmittel und zur Durchspülung der Blase. Die große Brennessel ist eines der ältesten Heilkräuter...

Wer mehr über diese verachtete Wunderpflanze wissen möchte, googelt am besten einmal selber - und bis dahin laßt der Wunderpflanze Platz in Eurem Garten und behandelt sie mit Respekt!

Es gibt übrigens über 613.000 Einträge - und jetzt auch noch diesen Naturtipp :-)

2 Kommentare:

  1. Friede sei mit Dir,
    das ist ein sehr interessanter und gut geschriebener Artikel über die "böse" Brennnessel. schon erstaunlich, was man mit diesem "Unkraut" alles machen kann. Scheinbar führt sie völlig zu Unrecht ihr sprichhwörtliches Schattendasein.
    Liebe Grüße von Thialfi

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  2. Hallo.Bravo für eure tolle Seite.
    Ich wollte so eine Brennesselhose kaufen, aber es scheint die Firma nicht mehr zu geben. Der Link ist tot: http://www.nettleworld.com/

    Liebe Grüße Micha

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Hallo!
Danke, daß Du die Natur aktiv mitschützt!