Bild: www.pixelio.de/Peashooter
Grünspechte stehen auf der Roten Liste und gehören nicht bei strömendem Regen in große Pfützen...
So stand ich heute abend da...
In der einen Hand eine Schüssel, abgedeckt mit einem Handtuch, in der ein beinahe flügger Grünspecht saß und in der anderen Hand ein dickes Fragezeichen.
Klar ist es Sonntag abend. Klar ist es bereits 20.30 Uhr und keiner mehr erreichbar... Klar war in meinem Kopf Leere...
Nein - ganz leer war er nicht. Der Vogel da drin steht unter Naturschutz, ist also sehr selten. Er saß in einer Pfütze und ruderte mit den Flügeln recht hilflos darin rum. Fangen ließ er sich in den Brennesseln - die Augen vom Brennesselblatt verhängt. So kam ich gut dran, griff beherzt so zu, daß die Flügel gut umschlossen waren und nicht flattern konnten, die Beine raus schauten und nicht klettern konnten. Und dann ab in die Schüssel, mit der ich eigentlich gerade Maulbeeren holen wollte. Und nun stehen wir hier zuhaus im Wohnzimmer.
Es hatte gehagelt, und wie - bis zu 4 cm groß werden die Eisstückchen wohl gewesen sein. Und der kleine Specht hatte sich zu früh aus seiner Höhle getraut und wurde prompt vom Baum gerissen bei dem Wetter. Nachmittags hatte ich ihn noch dort oben im Maulbeerbaum gehört...
Aber was jetzt - draußen goß es wieder in Strömen, der Wind peitschte die Bäume und Mister Mini schimpfte gerade wie es sich für einen Specht gehörte - laut und deutlich.
Der Anruf bei einer Freundin half weiter - ruf doch bei der nächsten Tierklinik an. Na klar- gute Idee, danke! Also Telefonbuch raus und Nummer gewählt - tatsächlich war jemand zu erreichen. Und noch besser, er wußte gleich, an wen ich mich wenden konnte:
Für mich war Herr Dietz aus Duisburg der richtige Ansprechpartner. Er arbeitet mit dem BUND e.V. zusammen und ist anerkannter "Vogelvater". Denn es darf laut Gesetz nicht jeder einfach rumexperimentieren mit Wildtieren, sondern eine weitere Aufzucht soll möglichst in Fachhände gegeben werden... Mittlerweile habe ich auf Wildvogelpflege.de unter "Hinweise" eine Liste mit kompetenten Ansprechpartnern und Adressen gefunden. Mein Herr Dietz ist allerdings nicht dabei.
Nach einem weiteren Telefonat war alles klar und es ging ab nach Duisburg. Bei dem Sturm war es für ihn nicht verwunderlich, daß solch ein kleiner vorwitziger Kerl aus dem Baum gefegt worden war - er war noch nicht flügge... Also richtig gemacht - allein hätte er die kommenden Tage bei dem Wetter wohl nicht durchgestanden...
Denn aufgepaßt! Nicht jeder Jungvogel, der in den Büschen sitzt und piepst ist auch gleich auf Menschenhilfe angewiesen!!! Normalerweise werden die Kleinen weiterhin von ihren Eltern versorgt, bis sie endgültig richtig fliegen können. Siehe Artikel "Jungvogelaufzucht" von der WildvogelPflegestation Marburg. Bevor man schützend seine Hände über solch ein Jungtier hält, sollte man also von weitem beobachten, ob wirklich keine Eltern zum Füttern kommen!
Zitat aus einem Merkblatt der Seite www.Heilbronner-Tierschutz.de:
"Man sollte den Vogel nur dann mitnehmen, wenn sicher ist, daß er verletzt ist und nicht mehr von den Elternvögeln versorgt wird!!! (Eine Stunde lang beobachten!)" Das Merkblatt "Jungvogelaufzucht" kann übrigens ald pdf-Datei runtergeladen werden.
Übrigens:
Unbeholfene Jungvögel sind ein gefundenes "Fressen" für Hauskatzen. Bei vielen sollte man wohl lieber "Spielzeug" schreiben, denn sattfressen können sie sich zuhause. Deshalb sollten zur Zeit der flüggen Jungvögel Hauskatzen im Haus bleiben! Nun kommen gleich wieder die Katzenfreunde, daß das doch viel zu lange wäre - nun, wenn vogelarme Gärten besser sind... allein bei uns sind es drei Haustiger, die durch die Büsche streifen. Und es gibt aus England Hochrechnungen, wieviel Vögel diese Haustiere jedes Jahr ungefähr auf dem Gewissen haben - es sind nicht wenige :-(
Zahlreiche Informationen zur Jungvogelaufzucht gibt es auch auf der Seite www.wildvogelhilfe.org.
Achtung:
Lest ruhig jetzt sofort nach, wie aufwändig es ist, einen Jungvogel aufzuziehen - denn es ist wirklich kein Kinderspiel! Also lieber rechtzeitig in fachkundige Hände geben, oder wenigstens telefonischen Rat einholen!
Macht alle Mit!
Laßt Jungvögel sitzen und beobachtet sie! Greift nur ein, wenn es wirklich notwendig ist!
Und wenn es regnet, oder der Vogel auf der Straße sitzt: Setzt ihn ins schützendes Gebüsch. Vögel riechen nicht und nehmen die Jungen wieder an... Nur sollte dieses Umsetzen möglichst zügig und nicht in Anwesenheit der Eltern geschehen, um diese nicht unnötig zu erschrecken.
Nun, ich hatte meinen neuen "Freund" probeweise auf das Dach des Gartenhauses gesetzt, von wo er gleich wieder auf die Erde flatterte - er war einfach zu durcheinander und das schüztende Gebüsch nicht dicht genug bei dem Unwetter... Und da hier viele Hunde (ohne Leine) spazieren gehen und auch Katzen ihre Runden drehen, hat Herr Dietz nun einen Pflegling mehr - toll und von hier aus noch einmal Danke für diese engagierte Hilfe!
Und wer auch mithelfen möchte, kann ja in der oben verlinkten Liste mal nach der nächsten Adresse schauen und anfragen, ob Hilfe gebraucht wird. Da ganz junge Vögel bis zu 4 mal in der Stunde gefüttert werden müssen, ist es durchaus wahrscheinlich, daß engagierte Vogelfreunde willkommen sind. Spenden übrigens auch, denn die Tiere müssen z. T. auch tierärztlich versorgt werden und brauchen Futter, Käfige, Wärmelampen und co...
Schule/ Kindergarten:
Übrigens besuchen manche dieser Gruppen oder Personen auch gerne zur Aufklärung Schulen und Kindergärten oder empfangen Gruppen. Ruft bei Bedarf einfach mal vor Ort an und fragt nach!
Macht alle Mit!
Montag, 23. Juni 2008
190) Jungvogel gefunden! Und nu?
Eingestellt von Macht alle mit! am Montag, Juni 23, 2008
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